Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich am Straßenrand stehe und auf das Auto starre, das da auf der Straße anhält und auf irgendwas zu warten scheint. Ein verständnisloser Blickwechsel. Dann dämmert es mir: der Fahrer will mich über die Straße lassen.
Oh ja, Kalifornien ist das Land der Fußgänger. Das Land, in dem man zwar nicht per Gesetz aber doch per Definition Vorfahrt hat. Der Autofahrer, der den armen Wurm mit seiner Stoßstange auch nur berührt, könnte ja schließlich auch wegen eines angeknacksten Knöchels auf Millionenhöhe verklagt werden. Da hält man doch lieber an, sobald man einen Fußgänger am Straßenrand auch nur flüchtig erspäht.
Ist ja auch kein Problem in Kalifornien, fährt ja sowieso jeder mit dem Auto.
Aber lass mal „einen“ Fußgänger in München über die Straße. Aus den dreien, die sowieso gleichzeitig die rare Gelegenheit ergreifen, wird in Nullkommanix ein Rudel aus Studenten, Hausfrauen, Japanern und in Viererfronten eingehakten Schülerinnen. Sie umspülen dein Fahrzeug in einer auch für einen Twingo undurchdringlichen Dichte, so dass irgendwann nur noch ein Aufheulen des Motors oder schlicht rücksichtsloses Losfahren den Strom möglicherweise unterbrechen könnte. Man kann also nur hoffen, dass die Macht der Masse irgendwann eine Lücke lässt.
Wenn man vor Herzrasen und Stress dank des motivierenden Hupens der wartenden Autos hinter einem noch nicht ohnmächtig geworden ist, dann kann man jetzt losfahren.
In München lässt man eben keine Fußgänger über die Straße.