Musik, die wehtut

Ein Supermarkt gehört ja an sich schon nicht zu meinen bevorzugten Aufenthaltsorten. Enge Regal-Gassen, hirnlos geparkte Einkaufswägen, die immer genau da stehen, wo man das gesuchte Produkt nicht vermutet hätte und es damit niemals finden wird, Menschen, die mit dem Rücken zu einem Regal stehen um einen Überblick über das Meer an Suppentütchen und Soßen auf der anderen Seite zu bekommen und damit erneut zwangsläufig im Weg stehen und Verkäufer, die turmhohe Jogurtpaletten mit ihren motorisierten Wägelchen ermarmungslos durch die Masse schlängeln, oder besser gesagt, pressen.

Und über diesem Szenario der Hektik und der wachsenden Aggressionen schwebt ein subtil störender Lärmfilm aus Werbeprogrammen, Kassengepiepe, Kühlschranksummen und mystische Codes, mit denen versucht wird, die Kunden über die Sprechanlage zu verwirren. Ich gebe zu, dank der privaten TV-Sender ist man meist in der Lage Verbraucherinformationen automatisiert auszublenden und „F17 bitte D31, F17 bitte D31″ ist dann doch eher witzig, aber was der REWE-Markt an der Schleißheimerstraße macht, grenzt an Körperverletzung:

Ich nehme an, man versucht den Angestellten des Supermarktes irgendetwas zu signalisieren („F17…“). Das geht aber nicht mit einem einfachen Klingelzeichen, nein, es muss eine polyphone, 2-taktige Tonfolge sein, deren Melodie irgendwo zwischen „so uneingänglich, dass es weh tut“ und Ohrwurm liegt, präsentiert in einer Lautstärke, dass das Herz jedes Mal einen Schlaf aussetzt und man aufpassen muss, dass man nicht vor Schreck einen Teil der sorgsam gestapelten Beute fallen lässt. Auch wenn ich dank der nahen Lage des Ladens schon eine bisschen an das Geräusch gewöhnt sein sollte, ist das immer der Punkt an dem ich wieder nach Hause will. Also spätestens nach dem 5. Alarmsignal, was eine Aufenthaltszeit von geschätzten 10 Minuten erlaubt.
Und ich bin da nicht die einzige, die das (gelinde gesagt) stört. Mit jedem Erklingen geht ein Zucken durch die Menge, der ein oder andere flucht ins Kühlregal und auch der verschwiegenste Deutsche lässt sich auf einen kurzen Schimpf-Wortwechsel mit seinem Einkaufskollegen ein. Das Volk drängt an die Kassen, die Enge, Stress und Eile kumuliert sich dort, punktgenau ist die Papierrolle an der Kasse leer.

Nun braucht nur noch eine Neonröhre leicht flimmern und ich bin am Rande des Wahnsinns. Wie gut, dass ich für heute schon eingekauft habe. Juhuu, oder eher „Da-da-dii–da-da-daa–didelduuu-dideldideldidel-duu“

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